Leben und überleben in der Krise


Fotos: Thema zu Karneval in Lloret de Mar 
Während der Alltag seine täglichen Herausforderungen verteilt, fordert die Krise ihr Blut. Das Blut derer, die übermäßig gelebt haben, das Blut jener die nie nachgedacht haben, das Blut solcher die schon immer eine Krise gelebt haben.
Ich gehe spazieren, meine Gedanken wandern mit. Ich sehe über das wunderschöne Tal zum Meer hinunter, die Luft ist würzig, die Vögel singen, ansonsten Ruhe. Zu meinen Füssen gibt es Straßenmakierungen und in den Büschen, bereits überwuchert, stehen Straßenschilder. Hier hatte man ein großes Bauprojekt vorgehabt. Eine Wohnsiedlung sollte hier entstehen, die Pläne wurden bereits vom Rathaus genehmigt. Ach ja, das Rathaus, Bürgermeister und Landplaner wurden ja schon verhaftet, sie hatten sich schmieren lassen, damit es mit den Plänen auch klappt, denn wer nicht schmierte, flog raus und und durfte seinen Anbau wieder abreissen. Das Urbanistik Gesetz war also nur der Schlüssel zum Geldeintreiben in die eigene Tasche, für Jene, die auf  dem richtigen Stuhl im Amt sassen. Das war auch so mit den kleine Frittenbuden am Strand. Die störten plötzlich und wurden, vor den Augen der Betreiber, 30 Jahre Familienbesitz, abgerissen. Das neue/alte Urban-Gesetz und Küstenschutzgesetz war schuld. Es hatte 30 Jahre in der Schublade geschlummert. Nun wurde es wieder aufgefrischt, weil man die Aussicht auf Kassenfüllung hatte. Der nächste Sommer kam, es gab diese kleinen Hütten am Strand wieder. Doch es waren schmucke kleine Holzhütten mit Licht und man staune, mit Russen als Besitzer. Naja, wer sagt es denn? Es hat geklappt, ich meine für Jene, die auf  dem richtigen Stuhl im Amt sassen.
Aber zurück zur Wohnsiedlung meines Spaziergangs. 800m2 Land, eine Villa (jede Menge Zement mit millimeter Mamor vom Meter, für viel Geld). Ich erinnere mich an den immer wieder belachten Spruch des Busfahrers, mit dem ich die ersten Male nach Spanien kam, "Wir sind angekommen in Spanien, "Schlechter Service für viel Geld", ha, ha, ha). Traurige Wirklichkeit, denn in den Boomjahren hieß alles "1a Qualität" und wurde entsprechend zu "1a Preisen" über den Ladentisch geschoben. Heute sieht man die Wahrheit. Risse in den Wänden, die Schallisolierung wurde einfach nicht gemacht usw., schließlich muss das "Heer" von Handwerkern  anschließend ja auch verdienen. 
Doch zurück zu meinem Spaziergang. Hier hat die Krise zugeschlagen und das Großprojekt wurde außer dem Straßenausbau ( der auch schon viel geld gekostet haben muß) mit samt seinen Befestigungen gestoppt. Aus dem Grund kann ich hier in Ruhe spazieren gehen und die Vögel singen hören.  Wir zusammen sind also Nutzniesser der Krise. Hier zeigt die Krise ihre Lichtseite,  während in den Immobilienläden das Licht ausgeknipst wird und ein Laden nach dem anderen aus dem Stadtbild verschwindet.
Die Banker knipsten es wieder an, und ehe man sich versieht, haben sie über Nacht gleich mehrere Berufe neu dazugelernt. Sie wurden zum Immobilienmakler, Zwangsräumer, und Hypotheken-Schönrechner, naja, das Letztere war nicht neu. Die Immobilienbüros wurden an die Wand gedrückt bei soviel Übermacht, hat der "König seinen Thron" verloren.
International sprach es sich wie ein Lauffeuer rum. Die Preise in Spanien für den heimlichen, immer noch vorhandenen Traumwunsch vieler Europäer, Russen und neuerdings Chinesen, das kleine weiße Häuschen (und oder Prachtvilla, erste Linie am Meer) für billig Geld in Spanien zu haben. Sogar mit dem Anhang der Aufenthalt-Berechtigung für Russen und Chinesen. Wenn der Kunde aus dem letzten, noch geöffneten, Immobilienbüro zur Bank kam, um einen Hypotheken-Kredit anzufragen, holt der Banker seine Superangebote mit 20 bis 45% Preisnachlass und kompletten Hypothekenangebot aus der Schublade. Der Kunde reibt sich verwundert die Augen, und schlägt zu. Adios Immobilienbüro. Hier zeigt die Krise nun die bleckenden Zähne.
Als ich von meinem Spaziergang zurückkam, war mein Auto  aufgebrochen. Mein Laptop mit samt seinen Daten, das Autoradio, Jacke, sogar mein Badeanzug und Bikini und Handtüchern waren weg. Die Scheibe kaputt, die Reifen durchgestochen. Die Wut sitzt, die Krise greift von hinten in den Nacken, und beisst zu. Mein Laptop, ich wollte ihn doch nicht mitschleppen, mein Auto ist sowieso nicht gerade das Luxusmodell, alles hin. Mein Laptop war wichtig als Rettungsanker, wenn mein "Grosser" mal versagt. Mein Laptop war wichtig für meine Reisen. Bis heute trauer ich ihm nach. Ich habe Fotos, bei der Polizei registriert, doch weg ist weg, Grüße von der Krise (Foto links).
Ich gehe zur Bank. Doch stelle entsetzt fest, die gibt es nicht mehr!? Hier war doch lange Jahre, nein, hier ist alles abgerissen, die Lichter, die Schriftzüge und nun begreife ich, das die heiligen Paläste der Bank auch nur ein Unternehmen ist, das sich aus dem "Staub" machen kann. Ein kleiner Hinweis an der Tür, wir sind umgezogen. Ich gehe die Strasse rauf und runter, ich finde meine Bank nicht. Ein Anruf, traslado  (umgezogen in Strasse XXX) in Calle XXXX, sagt ein Anrufbeantworter. Ich gehe in die nächste Bar und trinke erst mal einen Vino (Wein). Die Gedanken fliegen nur so, was wenn? Meine gesamten Geld....pfutsch!? Eine Freundin klärt mich auf. Nein, die ist nicht aufgegeben. Sie hat nur den Besitzer gewechselt. Besitzer gewechselt? Wie heißt sie denn jetzt meine "Hausbank"? Aha, deshalb habe ich sie nicht gefunden. Ich gehe zu meiner alten/neuen Bank. Wieder ein neuer heiliger blitzeblanker Palast. Ich lege mein Kontobuch vor und Frage vorsichtshalber, hier bin ich doch richtig? Lächel, ja, ja, sie ist hochschwanger. Letzter Versuch vor der Kündigung, denke ich. Ich bekomme ein neues Bankbuch mit dem richtigen Namen der neuen Bank, für den alten Kunden. Erleichtert zu hause angekommen, sehe ich mir meinen neuen Kontoauszug an. Man, was sehe ich denn da?? 79€ Pfändungsbescheid? Abgebucht! Was ist das denn? Ich gehe wieder zur Bank und sage, sie haben sich geierrt, diese 79€ und Pfändung, das bin ich nicht, das kann nicht sein! Sie schwanger schaut in den Komputer..nach langen 5 Minuten, das Ergebnis: Diese, meine neue alte Bank, hatte nichts weiter zu tun als ihre neuen Kunden zu überprüfen und abzukassieren. Es war ein Park-Knöllchen von 6€ vor einem Jahr, total vergessen, und jetzt 79€. Die Krise schlägt zu, ich bin sprachlos und geschockt. Mein eigentliches  Ziel zur Bank zu gehen um einen neuen  Laptop kaufen zu können und mein Auto zu reparieren hatte ich völlig aus den Augen verloren. Die Krise hat eben viele Gesichter. Also kein Laptop, kein Bankkonto, kaputte Reifen. Meine Freundin ruft an, gestürzt. Bein wahrscheinlich kaputt, kannst Du mich fahren? Klar, ab in die Unfallstation. Hier war doch die Unfallstation? Geschlossen, der Staat pleite, keine medizinische Versorgung. Ja, aber wo bitte denn? 25 km weiter im Kreiskrankhaus. Ich rufe an. Ja, ist geöffnet. Nichts wie hin, meine Freundin blass um die Nase. Angekommen, geöffnet, alles klar. Nein, doch nicht. Sie hatte ihre Karte für medizinische Versorgung nicht dabei. Abgelehnt. Wie bitte? Meine Freundin bricht in Tränen aus, Schmerzen, Aufregung Wut. Ich fahre zu ihr nach Hause, rechte Schublade, linke Seite, da muß sie liegen, diese Karte. Zwei Stunden später ist sie endlich dran, nur ein Beinbruch. Na toll, und wenn es ein Herzinfarkt gewesen wäre, Tot!!! Ach nee, da wäre bestimmt ein Notfallwagen gekommen, aber da sollte man zumindest 10€ dabei haben, damit der auch den Transport machen kann, ansonsten heißt es abgelehnt. Die Krise treibt nicht nur dem Teufel die Röte ins Gesicht.

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